37. Italo Calvino:
 
Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend
geschrieben: 1985
Originaltitel: Lezioni americane. Sei proposte per il prossimo millennio (italienisch)
(155 Seiten)
 
gelesen im August 2014
Fazit: *** LIKE
 
Nachdem wir nun schon viele tolle (und einige weniger gute) Romane und Kurzgeschichten entdeckt hatten, wollten wir diesmal etwas ganz anderes ausprobieren und daher fiel unsere Wahl auf diesen kleinen Essayband von Italo Calvino (1923-1985). Wir hatten zwar einige Bedenken, ob non fiction beim Vorlesen genau so viel Spaß machen kann wie Romane, aber es war uns einen Versuch wert.
 
Eigentlich sollte dieses Buch sich sehr zum Zuhören eignen, denn die fünf Kapitel darin waren ursprünglich als Vorlesungen gedacht, die Calvino an der Harvard Universität hätte vortragen sollen, die dann jedoch aufgrund seines unerwarteten Todes abgesagt werden mussten. Die letzte der im Titel angekündigten sechs Vorlesungen konnte der Autor vor seinem Tod nicht mehr beenden.
 
Thema der Arbeit sind die literarischen Werte, die Calvino gerne in das 21. Jahrhundert mit hinübergerettet sehen würde. In jedem Kapitel widmet er sich einem dieser Werte. Der Aufbau ist jeweils ähnlich, seine Thesen macht er den Zuhörern durch viele Beispiele aus der Literatur anschaulich. Vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, nimmt er dazu Beispiele aus der italienischen Literatur, was für uns sehr interessant war, da wir die meisten der Autoren und Textauszüge nicht kannten und so neue Lesestoffe entdeckten. Die Vorträge waren dadurch alles andere als langweilig oder trocken.
 
Toll fanden wir auch, dass die literarischen Beispiele in der Originalsprache mit deutscher Übersetzung waren, so konnten wir noch einmal an einigen Texten unsere angestaubten Italienischkenntnisse versuchen, meistens allerdings war die Übersetzung dann doch nötig, um den Text wirklich zu verstehen.
 
Die drei ersten Themen, Leichtigkeit, Schnelligkeit und Genauigkeit, haben uns sehr gut gefallen, vor allem weil die Beispiele meistens sehr gut passten. Bei den beiden letzten, Anschaulichkeit und Vielschichtigkeit, hatten wir etwas mehr Schwierigkeiten, Calvinos Gedankengänge nachzuvollziehen. Oft kam es uns vor, als sage er mit immer anderen Worten genau das gleiche noch einmal, wahrscheinlich, um seine Vorlesung auf die vorgeschriebene Länge zu bekommen, und natürlich auch, damit auch wirklich jeder das Wichtigste mitkriegt. Das war dann vielleicht sehr anschaulich, genügte aber nicht immer seiner früheren Vorgabe der Leichtigkeit und Schnelligkeit. :)
 
Alle vierzehn Tage einmal so eine Vorlesung zu besuchen wäre wahrscheinlich besser gewesen als zu versuchen, die fünf Vorträge an einem Wochenende durchzulesen. Daher war am Ende bei uns etwas die Luft raus, so dass wir uns in Zukunft doch zweimal überlegen werden, ob wir nochmal Essays wählen sollen. Fünf waren verträglich, viel mehr hätten es aber auch nicht sein dürfen.
 
Das Buch ist dennoch ein LIKE, da wir trotz der anspruchsvollen Texte bis zum Ende durchgehalten haben, und außer einiger obskurer Erklärungen alles gut nachvollziehen konnten und mit den meisten seiner Ideen einverstanden waren. Calvino ist, jedenfalls was seine Vorträge angeht, ein sehr guter Schriftsteller, der es versteht, seine Zuhörer in den Bann zu ziehen.
 
Leseprobe:
 
 
 
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